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- Rezka Kanzian – Ergänzung zum Interview in der Ausgabe U82-82/ Nov. 2024
Rezka Kanzian: Auf Besuch in Kärnten (Auszug) Rezka Kanzian: Dobro jutro (Lauf durch die slowenisch/steirische Geschichte) Beide Hörtexte aus: Rezka Kanzian: K R IVOPETNICA / H EIM SUCHUN G zvočne pesmi Hörgedichte DE/SLO Pavlova hiša / Pavelhaus, Band/knjiga 7, 2010 88 Seiten + Audio-CD € 15.- Essay "Seid Deutsch – bleibt einig" (aus der Morgenschtean Beilage 2023) https://www.oeda.at/_files/ugd/bf618e_a5f733cd3ea040d2af446fa1c06a2672.pdf »eine volks(tümliche) ehe oder/ali narodno(ljudski) zakon« Aufzeichnung vom 04.12.2023 Präsentation und Lesung der Literaturzeitschrift Rastje 17 / Predstavitev literarne revije Rastje 17 v knjigarni Haček / in der Buchhandlung Haček Celovec/Klagenfurt. Übersetzungshilfe der Autorin als PDF downloaden:
- Das war der Dialekt Salon im Literaturhaus Salzburg
Katharina J. Ferner las Liebes- und Naturlyrik im Dialekt sowie in Hochsprache und ließ das Publikum die unterschiedliche Wirkung erleben. Katherina Braschel überzeugte mit ihrem Dialekt-Prosatext, der nicht nur stilistisch herausragend, sondern vor allem brisant war. Anna-Lena Obermoser rockte den Saal mit Spoken Word im Pinzgauer Dialekt. Nach einer kurzen Pause konnte man dann noch das Lyrik-Album "faschaun- farena - fagee" von Eva Lugbauer und dem Duo "zoat" live erleben. Wir danken Tomas Friedmann und seinem Team vom Literaturhaus Salzburg für die Aufnahme ins Programm, die Organisation und die herzliche Bewirtung sowie Josef Kirchner und seinem Team vom Mosaik für die Bewerbung und den reichhaltigen Büchertisch! Dialektsalon Dialekt-Lesungen & Live-Musik mit Katherina Braschel, Katharina J. Ferner, Anna-Lena Obermoser, Eva Lugbauer & Duo "zoat" (Anna Großberger/Viktoria Hofmarcher) Donnerstag, 20. Juni, 19.30 Uhr Veranstalter: Verein Literaturhaus, mosaik, Ö.D.A./Morgenschtean Eintritt: € 14/12/10 Welche Rolle spielt Dialekt in der Gegenwartsliteratur? Gibt es überhaupt (noch) eine lebendige Dialekt-Dichtung in Österreich? Und wenn ja, wo ist diese zu lesen und zu hören? Seit 1989 erscheint die Dialektzeitschrift MORGENSCHTEAN, herausgegeben von den Österreichischen Dialektautor:innen (Ö.D.A.) mit dem Ziel, „der Dialektdichtung den ihr gebührenden Platz innerhalb der Literatur in unserem Lande einzuräumen“. Nach wie vor ist Dialekt-Literatur eine Randerscheinung, Schriftsteller*innen, die in Mundart schreiben, werden kaum wahrgenommen, und global gesehen ist Dialektdichtung regional beschränkt – und wird z.T. überregional nicht verstanden. Beim Dialektsalon kommen junge österreichische Dialekt-Autorinnen zu Wort: Katherina Braschel, Katharina J. Ferner und Anna-Lena Obermoser sowie Eva Lugbauer, die mit dem Duo „zoat“ – Anna Großberger & Viktoria Hofmarcher – in einer literarisch-musikalischen Performance auftritt. Sie alle zeigen, dass – auch nach Friedrich Achleitner, H.C. Artmann und Ernst Jandl – österreichische Dialekt-Literatur formal wie inhaltlich aufregend, modern und quicklebendig ist! Katherina Braschel, geb. 1992 in Salzburg, lebt als freie Autorin in Wien. Sie ist u.a. Redaktionsmitglied des Literaturmagazins „& radieschen“, in dem sie sich in ihrer Kolumne „querstrich“ mit politisch-feministischen Themen befasst. 2020 erschien in der edition mosaik ihr Prosa-Debüt „es fehlt viel“. Katharina Johanna Ferner, geb. 1991 in Salzburg, wo sie als Poetin, Performerin und Kulturvermittlerin lebt. Sie ist Redaktionsmitglied der Literaturzeitschrift Mosaik, arbeitet u.a. bei Morgenschtean mit und hat mehrere Bücher veröffentlich, zuletzt den den Gedichtband „krötentage“ (2022). Anna Großberger, geb. 1995 in Amstetten, lebt als Künstlerin, Rhythmikerin und Lehrbeauftrage in Köln. Künstlerisch und wissenschaftlich beschäftigt sie sich mit Transformationsprozessen zwischen Musik, Tanz und Sprache. Als Musikerin und Komponistin ist sie Teil des Klangduos „zoat“. Viktoria Hofmarcher , geb. 1998 im Mostviertel, lebt als Fotografin und Klarinettistin in Graz. Mit ihren beiden Schwestern tritt sie als „Dreimäderlhaus“ im Alpenraum, in Wirtshäusern und auf Konzertbühnen auf. Als Teil des Künstlerinnen-Duos „zoat“ bespielt sie musikalisch Bühnen in Österreich. Eva Lugbauer, geb. 1985 in NÖ, lebt in Wien. 2018 erschien ihr Debütroman „Und am Ende stehlen wir Zitronen“ (Verlag Wortreich), 2023 der Lyrikband „faschaun farena fagee“ (Literaturedition Niederösterreich) sowie die gleichnamige CD. 2022 erhielt sie denTheodor-Körner-Preis. Anna-Lena Obermoser, geb. 1996 in Mittersill, lebt als Poetin, Songschreiberin und Sozialarbeiterin in Graz. Sie ist österreichische U20-Meisterin im Poetry Slam (2015) und tritt mit Sarah Dragovic als „DODA“ im Duo auf – Musik mit Bühnentexten. Veröffentlichungen in Anthologien und Literaturzeitschriften. ____________________________
- DUM präsentiert: Glasl.Weis.Heiten aus Niederösterreich am 16.8. 2024 in Strass
Kultur bei den Winzerinnen 16. August 2024, 19:00 DUM präsentiert: Glasl.Weis.Heiten aus Niederösterreich Weinverkostung ab 19:00 / Lesung ab 20:00 Es lesen: Daniela Dangl, Wolfgang Kühn, Eva Lugbauer und Andreas Nastl Weingut Schreibeis, Gaisbergkellergasse 12, 3491 Strass im Strassertal Eintrittspreis: € 15,00 https://www.niederoesterreich.at/e-dum-praesentiert-glaslweisheiten-aus-niederoesterreich Die neue Dialektausgabe des DUM sowie der Morgenschtean sind bei dieser Veranstaltung erhältlich!
- Dem Waldviertlerischen treu geblieben
ChristiAna Pucher lebt schon lange in Tirol, sie ist Mitglied des Wortraums Imst und veröffentlicht seit vielen Jahren im Morgenschtean. Ihre Texte schreibt sie nach wie vor im Waldvierter Dialekt – in den sich einige Tiroler Wörter eingenistet haben. Im März wurde die Autorin 70 Jahre alt. Du bist in Drosendorf aufgewachsen, heute lebst du im Ötztal. Das ist dialektmäßig gesehen ein ganz schön weiter Sprung. Wann hast du begonnen, im Dialekt zu schreiben – und wo verortest du deinen Dialekt heute? Zum Schreiben kam ich erst 2011 bei einem Schreibseminar mit Annemarie Regensburger. Bis dahin schrieb ich lediglich Gedankenfetzen in ein Büchlein. Nach dem Seminar animierte mich Annemarie im Dialekt zu schreiben. Da in meiner Sprache mein erlernter Dialekt immer im Vordergrund war, bin ich im waldviertlerischen Schreiben geblieben. In dieses sich in den letzten 50Jahren einige Tiroler Worte einnisteten. Wenn man den Morgenschtean aufschlägt und deinen Namen liest, fällt sofort das große A auf. Wie bist du auf diese Schreibweise deines Namens gekommen? Eigentlich war es meine Erkenntnis, dass mein parasitärerer Zwilling, der mir in meiner Jugend entfernt wurde, ein Teil von mir war und immer noch zu mir gehört. Dadurch wurde mein erstes a im Namen groß. Nun ist er eingebunden in meinem Namen: ChristiAna. 2019 warst du Preisträgerin in der Kategorie »Lyrik« des Forum Land Literaturpreis. Hast du immer schon Lyrik geschrieben, oder gibt es auch Prosatexte von dir? Prosatexte schreibe ich wenige. Hauptsächlich Kurzgeschichten aus meinem Leben, für die Familie zur Nachlese nach meinem Tod. Aber im Herbst 2023 wurde ich von der Jury des Karl-Pömer-Preis der Gruppe »neue mundart« mit dem dritten Platz überrascht. In deinen Texten beschäftigst du dich unter anderem mit dem Rollenbild der Frau. Was hat sich deiner Meinung nach in den letzten 50 Jahren gebessert, und wo sind wir noch immer viel zu weit vom Idealzustand entfernt? Der Wert des weiblichen Menschenbildes hat sich in den letzten 50 Jahren nur ein bisschen gebessert. Zumindest werden wir Frauen manchmal bei Deutsch-Sprechenden, mit -Innen erwähnt. Formt Sprache nicht unsere Gedanken? Gedanken führen zu Handlungen. Handlungen sind ein Teil der Realität. Wenn Frauen in der Sprache nicht erwähnt werden, werden auch ihre Leistungen übersehen. Darum müssen wir Frauen und Mütter, auch Männer und Väter unsere Kinder so erziehen, dass Frauen in der Gesellschaft den gleichwertigen Rang haben wie Männer. Du bist Mitglied des IDI und auch des »Wortraum Imst«. Ihr gebt gemeinsam Publikationen heraus, regelmäßig tretet ihr auch bei Lesungen auf und beteiligt euch an Ausschreibungen von Literaturzeitschriften. Was bedeutet es für dich und dein Schreiben, Teil einer größeren Autor:innengemeinschaft zu sein? Es bedeutet für mich, sich Zeit nehmen, ein Dasein für uns Frauen. Es ist ein gegenseitiges Stützen, Stärken und vor allem ist es für mich immer noch bereichernd, das Arbeiten an unseren Textarbeiten und sonstigem gemeinsamen Tun. In den letzten Jahren erreichen uns wieder vermehrt Texte von jungen Autor:innen, die den Dialekt für ihre Literatur (wieder-)entdeckt haben. Welchen Ratschlag würdest du Ihnen geben? Welche Stolpersteine sind dir selbst begegnet – gerade als jemand, der sich zwischen den Sprachwelten bewegt? Es erfreut mich sehr, dass es immer mehr weibliche Literatur auf den Büchertischen zu finden ist. Einen Ratschlag? Den dialektschreibenden Frauen und Männern kann ich leider keinen weitergeben. Vielleicht, selbstbewusst im eigenen Stil, in eigener Sprache zu schreiben. So wie ich in meinen Waldviertlerisch mit Tiroler Einistungs-Dialekt. Zum Abschluss noch eine Frage an dich als Leserin: Gibt es ein Lieblingsbuch von dir? Und falls dieses in Hochsprache ist – kannst du uns noch ein zweites Buch im Dialekt empfehlen? Das faszinierendste Buch, das ich gelesen habe ist: »Die Frau in der mittelalterlichen Stadt« von Frau Professorin Erika Uitz. Sie beschreibt, warum und wie sehr Frauen im Mittelalter an der Emanzipation des Bürgertums beteiligt waren. Meine Lieblingsbücher im Dialekt sind die Lyriken von Annemarie Regensburger und von Angelika Polak-Pollhammer. Ich mag ihre kurzen prägnanten Gedichten, die voll mit Leben und Kritik gespickt sind. Die Fragen stellte Margarita Puntigam-Kinstner, April 2023
- "Viele meiner gesellschaftskritischen Texte entspringen einer Wut über allerlei gesellschaftliche Absurditäten"
Autorin und Performerin Jasmin Gerstmayr im Interview Wie bist du zum Schreiben gekommen? Was schätzt du an der Literatur? Ich bin seit meiner Kindheit eine begeisterte Leserin und habe auch schon recht bald begonnen, Gedichte zu schreiben – einfach aus einem inneren Antrieb heraus. Ich glaube, es ging und geht mir vor allem darum, Antworten auf existenzielle Fragen zu finden und zu verfeinern: Wie kann man seinem Leben in menschenunfreundlichen Systemen Sinn verleihen? Was bedeutet Liebe? Wie ist mit der Endlichkeit des Lebens umzugehen, wie mit Leid? Nirgendwo wird die bunte Vielfalt möglicher Antworten, finde ich, spannender abgedeckt als in der Literatur. Dogmatischen Begründungen habe ich nie viel abgewinnen können – lieber genieße ich mein Leben als fortwährenden Prozess des Entdeckens, Verwerfens und Ergänzens … Wann ist der Dialekt in dein Schreiben eingeflossen? Ich habe zwar schon immer gern hin und wieder ein Gedicht im Dialekt verfasst, jedoch nie ernsthaft mit Dialekt als Stilmittel gearbeitet – bis ich dann auf den Dialektlyrik-Band »Iba de gaunz oamen Leit« von Christine Nöstlinger gestoßen bin. Dieser hat mich sehr bewegt. Als würde meine Mama neben mir sitzen und mir Geschichten erzählen. Von da an hat mich die Begeisterung für Dialektliteratur gepackt – und nicht wieder losgelassen. Dialekt kann so viel, was Hochsprache nicht kann, und verleiht dem Text eine ganz persönliche Note. Ich habe das Gefühl, dass man mit Dialektgedichten Menschen auf eine sehr direkte Weise berühren kann. Und das ist es ja, was ich möchte: Menschen berühren; anregen, auf eine liebevolle Weise nach innen zu spüren, und dann nach außen zu schauen, vielleicht mit einem etwas ver-rückten Blick auf die Welt. An welches Ereignis denkst du besonders gerne zurück? Als Künstlerin unter anderem an die vielen tollen Auftrittsmöglichkeiten, die ich bereits hatte und für die ich wahnsinnig dankbar bin. Jede Performance macht mir einfach unglaublich Spaß, und es ist ein schönes Gefühl, nachher mit den Zuschauer:innen zu sprechen und zu erfahren, dass meine Texte wirklich etwas in ihnen bewegt haben. Ich freue mich auch immer, wenn wieder ein Belegexemplar einer Literaturzeitschrift oder einer Anthologie den Weg in meinen Briefkasten gefunden hat. Die eigenen Texte gedruckt zu sehen ist eine tolle Sache. Privat erinnere ich mich zum Beispiel gern an fast alle meiner Geburtstage. Denn diese bieten mir eine gute Gelegenheit, mal wieder viele der Menschen zu sehen, die mir wichtig sind, und gemeinsam mit ihnen einen schönen Tag zu verbringen. Du bist eine begnadete Performerin, darum finde ich es immer ein bisschen schade, wenn man deine Texte»nur« lesen kann. Was rätst du jungen Performance-Künstler:innen, worauf kommt es auf einer Bühne an? Für besonders wichtig für eine gelungene Performance halte ich Authentizität und Mut zur Verletzlichkeit. Schlussendlich kann echte Verbindung zu anderen Menschen – also auch zum Publikum – nur entstehen, wenn wir uns trauen, auch unangenehme Gefühle auszudrücken, uns wirklich zu zeigen, in unserem nicht-perfekten, wundervollen Menschsein. In deinen Texten geht es auch um feministische Themen. Mit einem Text über eine Frau, die von ihrem Ehemann regelmäßig geschlagen wird, hast du den »Mundarthunderter« gewonnen, in einem sehr lustigen Slamtext sprichst darüber, wie unsinnig es z.B ist, dass man in den Werbungen für Damenrasierer kein einziges Härchen sieht. Aber du schreibst auch sehr offen darüber, wie es sich anfühlt, sich in den Falschen zu verlieben oder wenn eine Beziehung in Brüche geht. Das macht deine Texte ehrlich und gleichzeitig gesellschaftlich relevant. Wie wählst du die Themen für deine Texte aus? Am Anfang eines jeden Textes steht bei mir erst mal eine – mal starke, mal zarte – Emotion, die Ausdruck finden will. Mit dem Schreiben kann ich sie dann transformieren. Viele meiner gesellschaftskritischen Texte entspringen einer Wut über allerlei gesellschaftliche Absurditäten, die etwa mit Humor versehen einfach besser händelbar wird. Und zwischenmenschliche Beziehungen sind für mich sowieso eine nie versiegende Quelle an verschiedensten Gefühlen – genügend Material für viele weitere Gedichte ist also vorhanden. ;) Du bist Teil der Interessengemeinschaft Feministische Autorinnen (#igfem). Kannst du uns ein bisschen über den Verein erzählen und warum du dich entschlossen hast, Teil davon zu sein? Bei der IG Feministische Autorinnen geht es uns v.a. darum – wie der Name schon sagt – Autorinnen zu fördern, die feministisch sind und in ihrer Arbeit bewusst einen sprach- und gesellschaftskritischen Zugang wählen. Dies ist mir ein wichtiges Anliegen, und ich genieße auch das gemeinsame Schreiben in den Online-Gruppen, auch wenn ich derzeit leider nicht allzu oft dafür Zeit finde. Eines unserer neuesten Projekte ist die Anthologie »störfeuer«, die wir in unserer Edition #igfem herausgegeben haben, und in der ich gemeinsam mit vielen beeindruckenden Autorinnen vertreten bin. Was liest du gerade? Zuletzt gelesen habe ich den Roman »Blauer Hibiskus« von Chimamanda Ngozi Adichie. Er gehört – gemeinsam mit »Die Hälfte der Sonne« (ebenfalls von Adichie) – zu meinen Lieblingsbüchern, die ich wieder und wieder lese, weil ich sie so unglaublich gut finde. Woran arbeitest du derzeit? Mein letztes Projekt war die Erstellung eines Zines mit zwei meiner Gedichte und selbst gestalteten Illustrationen. Zines sind Miniheftchen, die aus einem einzigen Stück A4-Papier gefaltet werden können. Bislang ist mein erstes Zine sehr gut angekommen, was mich natürlich voll freut. Ich biete es gegen eine freie Spende nach meinen Performances an, man kann mir aber gern auch einfach schreiben (ich versende sie auch per Post): kontakt@jasmingerstmayr.at . Ansonsten stehen auch wieder einige Performances an, auf die ich mich vorbereite. Es gibt nur wenige Texte, die ich mehrmals performe, weil ich einfach so gern schreibe und ständig neue Texte produziere. Im Prinzip stelle ich also für jeden Auftritt wieder ein eigenes Programm zusammen. Wer sich für meine Arbeit und Auftrittstermine interessiert, findet auf meiner Homepage ( www.jasmingerstmayr.at ) mehr Infos und auch Hörproben. Ich versende auch ca. alle zwei Monate einen Newsletter mit Neuigkeiten, Interessierte können sich gern auf meiner Homepage eintragen. Die Fragen stellte Margarita Puntigam-Kinstner, April 2023
- ES IS GNUA | christof
es is gnua! zaum gregnet es hot eam zaum gregnet koit is a gfoin und noss hots eam zaum gregnet es weiss von in da fruah liegt in lockn auf da stross zaum trogn vü hot si zaum trogn schwar liegts auf da sö des blede gwicht zvü hot si zaum trogn die freid vor a bor dog wurd heit zvü hintafrogt zaum stehn wir miassn zaum stehn schiach tuans mit die leit is so zum speibn wir miassn zaum stehn es brave vuik frisst sott und blind wos an liagn von eana kimt zaum regnan es keat vü mehr zaum gregnet © christof ______________________________________ Mehr Texte zu "koid, wäama, haaß!" gibt es in der neuen Ausgabe des Morgenschtean zum Ausgabenarchiv bestellen
- christof
53-jähriger Mann, wohnhaft in Innsbruck. Berufstätig als Lernassistent, an einer Innsbrucker Volksschule. Davor über viele Jahre die Kinder in verschiedenen Wohnheimen für Asylbewerber*Innen ehrenamtlich betreut. War zwei Jahre als Betreuer in einem Tagesheim tätig. Fazit: Ich liebe die Aufgabe mit Kindern. Meine zweite große Liebe gehört dem Theater. Begonnen in einer Improtheatergruppe, vor ca. 18 Jahren. Zuletzt hat mich die Bühne mit meinem autobiographischen Theaterstück “Kind”, im September 21 gesehen. In den vielen Jahren dazwischen, durfte ich bei sehr spannenden Theaterprojekten, in verschiedenen Ensembles, mitwirken. Als ausgebildeter Theaterpädagoge galt mein Fokus dem politischen Theater, mit Menschen, die ihr zu Hause verlassen mussten. “No one is illegal” Aufmerksamen Leser*Innen ist aufgefallen, dass hier jahresmäßig eine große Lücke klafft, was meine öffentlichen Auftritte, sei es als Schauspieler oder als Lesender, anbelangt. Als sehr sensibler Mensch, der in der Vergangenheit auch hin und wieder nicht immer so psychisch belastbar war, wie es vielleicht von Nöten gewesen wäre, erlitt ich 21/22 einen völlig psychischen Zusammenbruch, an dem ich bis dato leide. Aber langsam aber sicher geht's wieder bergauf, so mein Gefühl, weil ich nach über 12 Monaten Schreibpause wieder begonnen habe Texte zu verfassen. Hoffentlich darf ich auch dann bald wieder auf der Bühne stehen, weil es sich kaum in Worte fassen lässt, wie sehr ich sie vermisse. Hätte ich nicht auch eine Vorliebe für Sprache, wäre ich hier wohl auch nicht angemeldet. Also, liebe N.3, meine Liebe zum Schreiben. zuletzt aktualisiert im Juni 2024 Mein Webseite: selbstgedanken https://gratis-4763942.webadorsite.com/
- "Dialekt ist ausdrucksvoller, weil er Gefühle anders bündelt"
Du bist eine der Wenigen, die Prosatexte im Dialekt verfassen. Wann entscheidest du dich für den Dialekt? Der Inhalt des Texts gibt die Sprache vor. Ist der Text näher am Erlebten, verlangt er oftmals Dialekt. Dialekt ist ausdrucksvoller, weil er Gefühle anders bündelt, aber gleichzeitig vieles offen lässt. Dieses Abstrahieren ist das »Gscheite« am Dialekt, dem oft das Einfache zugeordnet wird. Du bist im nördlichen Waldviertel aufgewachsen, dann aber nach Wien gegangen. Mittlerweile lebst du wieder im Waldviertel. Hat sich dein Dialekt durch den Ortswechsel verändert? Meinen Waldviertler Dialekt habe ich nie abgelegt, durch meine Zeit in Wien aber bestimmt etwas abgeschwächt. Durch die gewonnene Distanz und die Rückkehr ins Waldviertel nehme ich die Stärken des Dialekts als Ausdrucksmittel intensiver wahr. In deinen Texten geht es oft um die verborgenen Dinge. Um die Einsamkeit, die sich dadurch äußert, dass man sich einen Kellner herbeiwünscht, der einfach nur zuhört. Um den Bürgermeister, der sich zu Hause anders gibt als vor seinen Wähler:innen. Oder auch um Dinge, die bleiben, wenn Menschen gehen. Wie entstehen deine Texte? Wir alle tragen unzählige Geschichten in uns herum. Die Texte sind gut versteckt. Durch Impulse von außen drängen sie an die Oberfläche. Manchmal passiert das in Form einer Explosion. Da unterbreche ich am besten das, was ich gerade tue, und schreibe es sofort auf. Bei manchen Texten weiß ich, wo sie vergraben liegen. Diese muss ich vorsichtig freilegen. Die verwendete Sprache birgt Überraschungen. Was liest du besonders gerne? Und liegt auf deinem Nachttischchen manchmal Literatur im Dialekt? Mein Nachttischchen ist eine Kommode, auf der sich immer (zu) viele Bücher stapeln, die gelesen werden wollen. Da findet sich viel österreichische Literatur, aber ich tauche auch gerne in andere Welten, wie die von Stephen King, ein. Dialekt lese ist nicht besonders viel. Durch einen Artikel in der Wiener Zeitung bin jedoch ich auf Josef Mayer-Limberg gestoßen, den ich immer wieder zur Hand nehme, weil mich sein gebündelter ausdrucksvoller Dialekt beeindruckt. Wenn du jemandem, der noch nie dort war, das Waldviertel und seine Menschen beschreiben müsstest – wie würdest du es tun? Gibt es DAS Waldviertel überhaupt? Im Waldviertel gibt es Naturnähe, aber auch Rauheit. Das beeinflusst die Menschen. Durch die kleinen Orte, eingebettet in weite Felder, entstehen kleine Mikrokosmosse. Diese eröffnen, auch durch das Zusammentreffen sozialer Unterschiede, große Welten.
- "Das Spiel mit der Sprache macht mir Freude"
Die Mostviertler Lyrikerin Christine Tippelreiter im Interview Du bist in Melk geboren und im Mostviertel aufgewachsen. Wann hast du im Dialekt zu schreiben begonnen und warum? Ich habe 1985 in Schriftsprache zu schreiben begonnen. Meinen Bekannten hat das gefallen und sie haben zu mir gesagt: »Schreib auch was in Mundart, wir wollen wissen, wie sich das bei dir anhört.« Mit meinem ersten Mundartgedicht »A guade Nochd« bin ich 1990 in OÖ. die Siegerin beim Wandl-Preis geworden. Deine Dialektlyrik ist kurz und prägnant, vor allem aber sprachverspielt. Gab es da Vorbilder bzw. Werke, die dich beeinflusst haben? Ich habe viele Jahre nach meinem eigenen Stil gesucht, weil mir die üblichen gereimten Mundartgedichte nicht gefallen haben. Was ich suche, ist meine eigene Kreativität. Das Spiel mit der Sprache macht mir einfach Freude und Spaß, weil ich die Sprache liebe. In deinem neuen Lyrikband »fliagn kinna« geht es in vielen Gedichten darum, selbstbewusst durchs Leben zu gehen, nicht immer das zu tun, was andere von einem verlangen. Ist diese Thematik immer schon Motor deines Schreibens gewesen? Mit 30 habe ich beschlossen: »ich will ich sein – lebenslang unterwegs auf der Suche nach mir selbst.« So hat mein erstes Gedicht gelautet, das mir wirklich gefallen hat, und ich habe gedacht: Das soll mein Schreibstil sein. In Mundart habe ich geschrieben: »scho mei gaunz Lebm laung suach i, owa hiazt woaßes, i suach mi«. Du schreibst auch von der Kriegsgeneration – über das Grauen, das damals viele hinuntergeschluckt haben. Derzeit tobt wieder ein Krieg in Europa, auch die Bilder aus dem Gazastreifen lassen nicht kalt. Ich erteile mir zeitweise Nachrichtenverbot, weil ich die Neuigkeiten aus den Kriegsgebieten nicht aushalte. Ich bin sprachlos, wütend und ohnmächtig. Viele haben im 2. Weltkrieg ihre Söhne verloren. Wenn ich denke, dass mein Sohn und mein Enkel in den Krieg ziehen müssten, ich würde verrückt werden. Du hältst Momente nicht nur in Gedichten fest, sondern fotografierst auch. Von deinen Motiven kann man sich in deinen Gedichtbänden ein Bild machen, es gab aber auch schon Ausstellungen. Wann entscheidest du dich für die Kamera und wann für den Stift? Mit der Kamera bin ich tagsüber unterwegs. Meine Freundin sagt oft: »Was du alles siehst!« Dichten kann ich besser in der Nacht, da gibt es keine störenden Geräusche, kein Telefonläuten, keinen überraschenden Besuch, etc. Ich bin nachts empfindsamer und blicke nach innen, das Erlebte verdichtet sich dann. Vieles hätte ich nicht geschrieben, wenn ich nicht nachtaktiv wäre. Mir gefällt auch das Kleid deines neuen Gedichtbands, das kräftige Rot auf dem weißen Hintergrund. Die Neugier hat mich ins Impressum blicken lassen, wo ich festgestellt habe, dass die Künstlerin des Titelbildes »Brennende Rose« mit dir verwandt ist ... Die brennende Rose ist von meiner Enkelin Selina gemalt, sie war damals vier Jahre alt. Ich mag es, wenn Kinder noch nicht gegenständlich zeichnen können, sie malen aus ihrem Innersten. Die Schneefrau auf der Rückseite ist eine Zeichnung meiner Tochter Manuela, als sie ungefähr genauso alt war. Die Mundart soll an unsere Kinder und Enkel weitergegeben werden, deshalb habe ich die Werke ausgewählt. Du bist Leiterin und Gründerin der Autorengruppe »Schriftzug 3250« sowie stellvertretende Vorsitzende der Ö.D.A. In deiner Region hast du schon viele Lesungen initiiert, auch Workshops an Schulen hast du schon abgehalten. Wie wichtig ist dir der Austausch in der Region – anderen Autor:innen, mit der Jugend und auch anderen Kunstschaffenden? In der Dichtkunst gibt es kein Alter, nur eine Reife der Persönlichkeit. Beim »Schriftzug 3250« ist eine 80jährige, sie schreibt kraftvoll und ausdrucksstark. Dann wieder schreiben Jugendliche bei meinen Workshops mit einer Lebensweisheit, die mich staunen lässt. Ich habe in Deutschland, Südtirol und in jedem Bundesland in Österreich gelesen. Meine Mostviertler Mundart versteht man überall, ich frage immer bei den Zuhörer:innen nach. Der Austausch mit Kunstschaffenden ist sehr bereichernd für mich. Ich besuche gerne Gemäldeausstellungen und fahre z.B. nach Wien, Linz oder Salzburg. Vor einiger Zeit wollte ich eine Lesung mit einer Komponistin veranstalten, leider musste unser Auftritt wegen Corona abgesagt werden. Wir werden das aber sicher nachholen. Das Interview fand im April 2024 statt, die Fragen stellte Margarita Puntigam Kinstner Christine Tippelreiter: FLIAGN KINNA Innsalz, 2023 ISBN 978-3-903496-00-2 192 S. | € 17,60 .
- Kritische Lieder
Wiener Liedermacher im Konzert und im Gespräch Die Gesprächskonzertreihe stellt die Vertreter der Liedermacher-Szene aus Wien in den 1970er Jahren mit ihren Songs von damals und ihrer aktuellen Tätigkeit vor. Erzählt werden persönliche Erinnerungen und Geschichten von damals – die Gespräche werden von Ulli Fuchs moderiert. Wie aus einer 30 Jahre zurückliegenden Dissertation ein so wunderbares Projekt entstehen kann, verrät uns Verfasser Philipp Maurer im nächsten Morgenschtean. Deswegen verraten wir hier noch gar nicht zu viel an dieser Stelle. Nur soviel: Das letzte Gespräch führte Ulli Fuchs mit Martin Auer am 16. März 2021. Und wer danach gleich das nächste Interview ansehen oder auch die ganze Diss "Danke man lebt" lesen will: >> Hier geht es zur Website "Kritische Liedermacher"
- Die Literaturzeitschrift DUM wird 30
Die kleinen Literaturzeitschriften sind so etwas wie die winzigen Nebenflüsse des großen Stroms der Literatur, die diesen aber eigentlich am Leben erhalten. Dieser Satz, frei nach William Carlos Williams (1863 – 1963), ist "DUM – Das Ultimative Magazin" wie auf den Leib geschrieben. Talente zu entdecken und zu fördern war und ist nämlich die oberste Maxime von DUM – einer Literaturzeitschrift, die auch der Dialektliteratur jährlich eine eigene Ausgabe widmet. DUM – Das UltimativeMagazin wurde 1992 in Niederösterreich gegründet. Seitdem sind 116 Ausgaben erschienen, die ersten 16 noch im "Untergrund", bevor 1996 schließlich die offizielle Vereinsgründung erfolgte. Insgesamt 984 Autor*innen (461 Autorinnen / 523 Autoren) wurden bisher im DUM veröffentlicht, für viele von ihnen war der Abdruck die erste Veröffentlichung überhaupt. Nicht nur mit dem Erscheinen der Zeitschrift selbst, sondern auch mit seinen Lesungen bietet DUM (noch) unbekannten Autor*innen eine Bühne, die auch von Veranstalter*innen und Verleger*innen wahrgenommen und geschätzt wird. Dadurch ist DUM längst zu einem jener wichtigen Nebenflüsse geworden, die den großen Literatur-Strom im deutschsprachigen Raum am Leben erhalten. Autor*innen, deren literarische Karriere mit einer Veröffentlichung im DUM begann und, waren unter anderem: Marjana Gaponenko – u. a. Adelbert-von-Chamisso-Preis – in DUM # 15 (2000) Dana Grigorcea – u. a. 3sat-Preis beim Bachmann-Preis (2015) – in DUM # 29 (2004) Elias Hirschl – Reinhard-Priessnitz-Preis (2020), aktuell in den Bestsellerlisten mit dem Roman „Salonfähig“ – erstmals in DUM # 67 (2013) Vea Kaiser – ihre ersten beiden Romane „Blasmusikpop“ und „Makarionissi“ wurden zu Bestsellern mit ca. 250.000 verkauften Exemplaren – erstmals in DUM # 28 (2003) Margarita Kinstner – u. a. Shortlist Rauriser Literaturpreis (2014) – erstmals in DUM # 45 (2008) Verena Mermer – u. a. Exil-Literpreis 2016. Der renommierte Residenz Verlag kontaktierte sie aufgrund einer Veröffentlichung in DUM und hat bislang zwei Romane von ihr publiziert – erstmals in DUM # 65 (2013) Der Nino aus Wien – bekannter Liedermacher aus Wien, u.a. Amadeus Award (2016). Veröffentlichung in DUM als Nino Mandl, im selben Jahr bei einer DUM-Präsentation von Plattenfirma entdeckt – erstmals in DUM # 40 (2006) Martin Peichl – u. a. Hans Weigel Stipendium 2018 / 2019, Forum Land Preis 2018, Shortlist Alois Vogel Preis. Zuletzt erschien 2020 bei Kremayr & Scheriau „In einer komplizierten Beziehung mit Österreich“ – erstmals in DUM # 81 (2017) Robert Prosser – u. a. Longlist zum deutschen Buchpreis 2018 mit „Phantom“ – erstmals in DUM # 41 (2007) Die Ö.D.A. gratuliert DUM von Herzen – und freut sich auf die nächsten 30 Jahre bzw. 120 Ausgaben und Lesungen von DUM! Bilder von links nach rechts: 1) Das allererste DUM-Cover für die erste von insgesamt 16 Untergrund-Ausgaben (Dezember 1992) 2.) Die 1. offizielle Ausgabe erschien mit der Vereinsgründung im Herbst 1996. (Vor kurzem erschien die 100. offizielle DUM -Ausgabe!) 4) 2021 erhält DUM den Anerkennungspreise des Landes NÖ für Volkskultur und Kulturinitiativen (Foto mit Gerhard Haderer) 3) Das aktuelle DUM-Team - aufgenommen bei einer DUM-Veranstaltung in Imst >> Lesen Sie die ganze Dum-Story Veranstaltungshinweis: Am 27. Jänner 2022 um 19.00 präsentiert DUM im Zuge der Lesung "30 Jahre DUM" im Literaturhaus Wien zwei Autorinnen und einen Autor, die, bevor sie mit hochgelobten Buchpublikationen in renommierten Verlagen auf sich aufmerksam machen konnten, mehrere Veröffentlichungen in DUM hatten, nämlich Isabella Feimer, Bettina Gärtner und Martin Peichl. Die neue Ausgabe: mit Texten von Johannes Witek * Annemarie Regensburger * Katrin Oberhofer * Angelika Polak-Pollhammer * Ella Theiss * Marlene Schulz * Andreas Lehmann * Silke Gruber * Jan Decker * Roland Grohs * Johanna Schmidt * Hannes Thauerböck * Anna Magdalena Mähr * Elora Marx * ChristiAna Pucher * Boris Grkinic-Lee * Franziska Zussner * Jule Viefhues * flimmern.fischen und einem Interview mit Daniela Dangl Preis: EUR 4.- (EUR 7.- außerhalb Österreichs) Förder-Abo (4 Ausgaben): EUR 15.- (EUR 20.- außerhalb Österreichs) Bestellung: Online, per E-Mail (dummail@gmx.at) oder unter 0664 / 4327973. Lesungen aus dem Heft sowie alle Informationen zu DUM–Das ultimative Magazin auf: www.dum.at
- Traude Veran: Gedanken zur Dialektdichtung
Gerade habe ich ein Büchlein mit Dialekhaiku herausgebracht, daher möchte ich meine Gedanken zum Teil an dieser japanischen Versform festmachen. Haikudichter*innen in Österreich haben schon öfters Dialektstrophen verfasst, die meisten von ihnen aber nur sporadisch und, so kommt es mir vor, ein wenig vorsichtig: Ja, derf ma denn des? Ich meine, all die vielfältigen Dialekte unseres Landes haben es sich verdient, in jeder Form der Lyrik ihre Wirkung zu entfalten. Liebe Dichterinnen und Dichter, gebt Euren Gedanken auch im Haiku so Ausdruck, wia eich da Schnowe gwoksn is! Andernorts geschieht es auch, und das recht erfolgreich: In der letzten Zeit führte mich die Beschäftigung mit der Haikudichtung zu Texten aus dem Niederdeutschen. Das ist an sich kein Dialekt, besitzt aber innerhalb seiner Verbreitungsgebiete verschiedene Ausprägungen, also Dialekte. In Pättkesfahrt ersann Pitt Büerken zunächst Haiku im Münsteraner Platt und fügte dann erst die hochdeutsche Version hinzu. Ich konnte all die geschilderten Episoden mit großem Vergnügen auch in meiner Heimat finden und übersetzte oder versetzte das Buch kurzerhand nach Wien: Radln auf Wegaln. Das Land so weit von Gerhard Stein entstand als schriftsprachliche Version; Stein vertraute es Marianne Ehlers zur Übertragung in‘t Plattdüütsche an: Das Land so wiet. Dieses Werk, eine Liebeserklärung an Schleswig-Holstein in Haikuform, gehört zu meinen Lieblingsbüchern. Es macht mich mit der Heimat meiner Schwiegertochter, die ich persönlich leider nie besucht habe, vertraut. Die beiden Formen, die uns in diesen Werken begegnen, sind zwei recht unterschiedliche Dialekte des Niederdeutschen. Sie werden neben der Standardsprache gleichberechtigt verwendet und liebevoll gepflegt, vielleicht mehr noch als die Dialekte in manchen Regionen Österreichs. Waune wos moch, wülle aa wissn, wose dua. Krame also ein bissl im sprachlichen Hintergrund. Schreibregeln Im Wienerischen kenne ich mich ganz gut aus – und selbst da geschah es vor kurzem, dass ich mit einer anderen Autorin über Kreuz geriet, was die „echte“ Aussprache betrifft. Die Unterschiede beginnen, wie ich nun weiß, bereits unterhalb der Bezirksebene. Von den vertikal aufgetürmten gar nicht zu reden. Das zeigt mir, wie verdienstvoll die Heroen der deutschen Sprache waren, die in den vergangenen beiden Jahrhunderten dem schriftlichen Ausdruck ein strenges Reglement verpassten – damals wie heute zum Leidwesen nicht nur der Jugend. Glücklicherweise können wir unsere Dialektvielfalt in der Dichtung, besonders in der Lyrik, unbekümmert ausleben und aufschreiben, wie abenteuerlich auch immer. Dies bewerte ich als wohlverdienten Ausgleich für das strapaziöse, wenngleich notwendige Korsett, das uns die Firma Duden im schriftlichen Alltag anzulegen bemüht ist. Ausdrucksweise Der Dialekt ist eine sture alte Mähre und lässt sich von poetischer Raffinesse nicht antreiben. Er sagt, was er muss und er sagt es genau so, wie er will. Manchmal will er es kurz und prägnant. „Das dem Plattdeutschen innewohnende Lakonische und Unaufgeregte“ (Gerhard Stein) findet sich auch im Wienerischen: weus woaris ... – nicht „Und das ist die Wahrheit!!“ (Veran) Dialekt ist aber mehr: Er sperrt sich gegen jede artifizielle – man könnte auch sagen elaborierte – Ausdrucksweise. An den Wortarten fällt das sofort auf: Die Umwandlung in Nomen, ein häufig gebrauchtes – und verbrauchtes – Stilmittel, prallt an ihm ab: ringsumher Stille > rundümto is‘t still (Stein) nee owwer auk! > Überraschung! (Büerken) ausn Fensta schaun > Blick aus dem Fenster (Veran) Die Nomen vermeidende aktive Rede kann in manchen Fällen auch dazu führen, dass die Zeilen ein wenig länger werden: tiefgefrorene Blätter / im Eis der Pfütze > Blääd sünd froren un liggt / in’t les vun’n Pool (Stein) Hier wollte ich noch ein Beispiel von Büerken einfügen, aber – es gibt keines! Ist ja auch verständlich: Er fing in Platt an. Und da Verben in hochdeutsche Sätzen genauso gut hineinpassen wie Substantivierungen, musste er die Struktur beim Übertragen nicht verändern. Aber umgekehrt – die gestelzten Versalien lassen sich in Dialekttexte nicht hineinzwängen. Beeindruckend, wie anschaulich Dialekt sein kann: Zwei Kohlweißlinge / flattern eng umeinander – fladdert um un um tohoop (Stein) da Schdrossnkeara / hod an Lenz – der Straßenkehrer / hat nicht viel zu tun (Veran) Bei biedermeierlichen Texten wirkt die (moderne) Dialektfassung natürlich besonders drastisch: Der Reif hatt’ einen weißen Schein / mir übers Haar gestreuet; (Wilhelm Müller, Die Winterreise 14: Der greise Kopf) … sogoa meine schwoazn Hoa haum weiß gschimmat / wiara Heulichnschein (Petra Sela, Winterreise weanarisch) Die folgende Nachdichtung zeigt die ungebremste Kreativität, wenn es darum geht, einen Sachverhalt treffend, so knapp wie möglich und mit allerhand Ungesagtem im Hintergrund auszudrücken. Und auch in der schwärzesten Verzweiflung funkelt noch ein Stückerl Selbstverarschung. Das ist natürlich sehr wienerisch, aber mir scheint, ganz allgemein dämpfen Dialektgespräche die großen Gefühle gern ein wenig ab, damit es nicht peinlich wird. So zieh ich meine Straße / dahin mit trägem Fuß (Müller, Die Winterreise 12: Einsamkeit) wiara bleiane Antn hatsch i / duach de Schdrooßn (Sela) Wortkarg und wortreich „Wir haben kein unnötiges Wort zu verschenken“, sagt Pitt Büerken von seinem Platt. Das ist aber nicht alles. Dialekt hat noch eine andere, gegenteilige Funktion, und da gibt es genug überflüssige Wörter – bildhafte Ausdrücke, die so manchen Lyriker beschämen könnten: Kreative Beschimpfungen erleichtern die Seele. Irgendwie gehört die bleiane Antn auch hierher. Mein Dialekt hat einen altmodischen Wortschatz, ich gehe ja langsam auf die 90 zu. Er entstammt der Zeit, als die Straßenbahnfahrer noch aus ihrem Kabuff aussegmoschgat haum, wahre verbale Wimmelbilder in den Verkehr streuten: oide Schaaßdromme, Fetznschädl, Huangfrasta olle midanaund … Öha, das allein ist ja schon ein Gedicht! Ich hoffe sehr, dass die zunehmende political correctness die Produktion zeitgemäßer Schimpfwörter nicht allzu sehr einschränken wird. (Text: Traude Veran, 2022) verwendete Literatur: – Büerken Pitt: Pättkesfahrt. Kurzgedichte in japanischer Tradition auf Münsterländer Platt und Hochdeutsch. Agenda Verlag, Münster 2021 – Büerken, Pitt und Traude Veran: Radln auf Wegaln. Pättkesfahrt im Wiener Dialekt. Österr. Haiku Gesellschaft, Wien 2022 – Franz Schubert’s Werke. Kritisch durchgesehene Gesamtausgabe. Serie 20. Lieder und Gesänge. Neunter Band. Von der „Winterreise“ bis zum „Schwanengesang“ 1827 und 1828. Leipzig Verlag von Breitkopf & Härtel. Ausgabe 1895 – Sela, Petra: A braada Weg waun’s schneibt: “Winterreise” weanarisch. Mit CD. Edition Doppelpunkt / Erika Mitterer Gesellschaft, Wien 1999 – Stein, Gerhard: Das Land so weit / Das Land so wiet. 75 Haikus aus Schleswig-Holstein. In‘t Plattdüütsche överdragen vun Marianne Ehlers. Engelsdorfer Verlag, Leipzig 2014 Traude Veran, Geboren 1934 in Wien, gelernte Sozialarbeiterin, Psychologin, Erwachsenenbildnerin und Animateurin, arbeitete in Süddeutschland und einigen österreichischen Bundesländern, vor allem an der Integration behinderter und/oder benachteiligter Kinder. Hat neben Fachbüchern etwa 30 literarische Bände verfasst bzw. übersetzt, vor allem Lyrik, aber auch Lokalhistorisches. Journalistische und Lektorentätigkeit, Mitarbeit an der Rechtschreibreform. Kunstfotografie, Collagen, Lesungen und Performances. Mehrere Auszeichnungen und Preise. In den letzten Jahren befasst sie sich vor allem mit Haikudichtung und ist Ehrenmitglied der Österreichischen Haiku Gesellschaft ÖHG. Im Morgenschtean veröffentlicht die Autorin seit 1991. In ihrer neuesten Publikation „Radln auf Wegaln“ hat Traude Veran die Haiku aus Pitt Büerkens "Pättkesfahrt" (Original im Münsterländer Platt) ins Wienerische übertragen, wobei sie die Gedichte nicht bloß transkribierte, sondern „transkreierte“ (wie Büerken selbst es nannte). > mehr über Traude Veran Eine Rezension von "Radln auf Wegaln" finden Sie im neuen Morgenschtean (U74-75/ erscheint im Nov. 2022)